27.10.2022, 17:00 Uhr
Warum Konrad Wachsmann Niesky verlassen musste
Bei einer Veranstaltung am 7. November im Wachsmannhaus geht es um die jüdischen Spuren in der Stadt. Das hat seinen Grund.
Das Konrad-Wachsmann-Haus in Niesky begibt sich am 7. November auf eine Geschichtsspurensuche. Es ist eine Einladung, ins Gespräch zu kommen, noch vorhandene Geschichte und Geschichten aus der Zeit unter dem Hakenkreuz wiederzugeben und zu teilen, informiert die Nieskyer Museumsleitung. In einer Geschichtswerkstatt mit Tischgesprächen ist geplant, auf die verschiedenen Aspekte von Niesky im Dritten Reich einzugehen und die Frage zu stellen, was bleibt und wie daran erinnert werden kann.
Auf der Suche nach jüdischen Spuren in der Stadt Niesky stößt man unweigerlich auf den Namen von Konrad Wachsmann, der in Niesky von 1926 bis 1929 für das Unternehmen Christoph & Unmack wirkte. Wachsmann hatte sich als Pionier des industriellen Bauens weltweit einen Namen gemacht. Er war jüdischer Herkunft. 1938 emigriert Wachsmann nach Paris um, wo er sich bei Kriegsausbruch als Freiwilliger in der französischen Armee meldete. 1941 gelang ihm mithilfe Albert Einsteins, über Stationen in Spanien, Frankreich und Italien, die Ausreise in die USA.
Wachsmann ist aus Deutschland geflüchtet, während die Firma Christoph & Unmack von der Herrschaft der Nazis profitierte. Das Nieskyer Unternehmen war im Dritten Reich unter anderem am Bau von KZ-Baracken beteiligt. Die Stadtverwaltung Niesky ließ zudem im Mai 1943 ein Lager für Kriegsgefangene im „Wiesengrund“ errichten. Im April 1944 quartierte die SS 1.000 bis 1.200 KZ-Häftlinge dort ein, um sie als Arbeitskräfte der Christoph & Unmack AG zur Verfügung zu stellen. Polen, Tschechen, Russen, Franzosen und Jugoslawen waren es auch, die oftmals in der Landwirtschaft eingesetzt wurden. Der Einsatz von Zwangsarbeitern aus dem Lager Wiesengrund lässt zuweilen vermuten, dass es auch jüdische Häftlinge gegeben haben mag. 1945 wurden die Insassen nach Brandhofen/Spohla evakuiert. Einige der Schicksale von Häftlingen sind dokumentiert.
Wer Niesky kennt, weiß um den Judenberg. Woher die Bezeichnung stammt, ist indes unklar. Die Suche in Nieskys Stadtgeschichte und in den Anfängen der Entwicklung durch die Brüdergemeine liefert im Ergebnis keine weiteren Treffer für jüdisches Leben im Ort.
Am 9. November jährt sich die Pogromnacht. Vor diesem Anlass will die Veranstaltung daran erinnern, welchen Anteil die Menschen und Einrichtungen in Niesky an Kriegsführung, nationalsozialistischer Unterdrückung und deren Verbrechen hatten.
Veranstalter sind das Kulturbüro Görlitz, das Museum Niesky und der Jugendring Oberlausitz. Gefördert ist die Veranstaltung über das IBZ St. Marienthal im Rahmen des "Tacheles Oberlausitz Projektes". (SZ)
Geschichtsspurensuche am 7. November, von 16 bis 17.30 Uhr, im Konrad-Wachsmann-Haus in Niesky. Der Eintritt ist frei.