13.04.2025, 08:00 Uhr

Am Zinzendorfplatz in Niesky läuten die Kirchenglocken wieder

Der Glockenstuhl ist ein neuer aus Holz und wird am Montag nach der Bauabnahme eingeweiht. Die Arbeiten haben sich in die Länge gezogen, weil es Materialengpässe und Überraschungen im Glockenturm gegeben hat.

Von Steffen Gerhardt

Lange mussten die Nieskyer darauf warten, den Klang der drei Glocken in der Kirche der Brüdergemeine am Zinzendorfplatz wieder zu hören. Auch wenn in diesen Tagen immer wieder mal Glockenschläge zu vernehmen waren, so richtig „bimmelt“ es ab dem Montag wieder.

Denn an diesem Tag erfolgt die Bauabnahme des Glockenturmes und anschließend, um 15 Uhr, „wollen wir den Glockenklang im neuen Holzgewand erklingen lassen“, sagt Pfarrerin Christiane Pietsch. Die Öffentlichkeit ist dazu eingeladen. Damit endet nach acht Monaten die Bautätigkeit an Nieskys höchstem Bauwerk. Eigentlich sollten die Glocken bereits zu Weihnachten 2024 wieder läuten, aber ein Lieferengpass bei den Schallläden und der Winter stoppten die Arbeiten im Turm.

Ruhe im Turm war schon seit Jahresbeginn 2021. Da durften die drei Glocken nicht mehr geläutet werden, weil der aus Stahlträgern montierte Stuhl das Gewicht von 3,1 Tonnen der Stahlglocken nicht mehr länger tragen konnte. Das war aber nicht das einzige Manko, dass der Kirchengemeinde Kopfzerbrechen machte. Achim Schiewe von der Nieskyer Brüdergemeine ergänzt: „Zudem sind die Schallluken in ihrer Funktion über die Jahre stark eingeschränkt. Es trat immer wieder Feuchtigkeit in die Glockenstube, die dem Podest stark zugesetzt hat. Der Treppenaufgang musste ebenso erneuert werden.“ Dazu kommen noch die Kriegsschäden mit Durchschüssen am Glockenjoch und Einschusslöchern in den Verbindungsstreben des Glockenstuhls.

Zusammengerechnet sind die Baukosten mit 159.500 Euro veranschlagt. Die Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland (KiBa), die Ostsächsische Sparkassenstiftung und die Zinzendorfstiftung in Herrnhut unterstützen mit 45.000 Euro das Bauvorhaben der Nieskyer. Den Löwenanteil muss die Nieskyer Brüdergemeine selbst aufbringen. „Wir haben viele Spender unter den Nieskyern, aber auch Betriebe und Einrichtungen über die Stadt hinaus helfen uns finanziell. Ihnen und den drei Stiftungen danken wir von ganzem Herzen“, sagt Achim Schiewe.

Vor 150 Jahren, am 9. Juni 1875, erklangen die Glocken in dem 15 Monate zuvor begonnenen Kirchenbau. 31 Jahre später sollte das Gotteshaus eine markantere Turmspitze bekommen, versehen mit zwei neuen Glocken, geht aus der Kirchenchronik hervor. Nur die kleine Bronzeglocke durfte hängen bleiben. Nach dem Missgriff mit einer Glockengießerei in Apolda wurden in Laucha an der Unstrut die beiden großen Glocken neu bestellt. Am 1. Dezember 1906 läuteten sie die Weihnachtszeit über Niesky ein. Ihren Dienst versahen die beiden Neulinge nur drei Monate, dann wurden sie für Kriegsgerät umgeschmolzen.

Aus dieser Zeit fiel den Handwerkern eine Flaschenpost in die Hände. Auf dem Papier darin haben sich vier ihrer Berufskollegen verewigt, die 1906 den Turmumbau bewältigten. Als „durstige Seelen“ haben sie eine geleerte Bierflasche genommen. Das Zeugnis früherer Bautätigkeit ist im Archiv der Nieskyer Brüdergemeine verwahrt. Erst 1920 gelang es den Nieskyern, drei neue Stahlgussglocken aus Bochum in ihren Kirchturm zu hängen.

Als es um die Materialauswahl für den neuen Glockenstuhl ging, waren sich Kirchengemeinde und der Nieskyer Glockensachverständige Michael Gürlach schnell einig, dass dieser aus Holz gebaut werden soll. Holz ist elastischer als Stahl und auch der erste Glockenstuhl war aus Holz gefertigt.

Wenn jetzt alle drei Glocken die Karwoche und das Osterfest mit ihrem Klang verschönern, ganz beendet sind die Arbeiten im Turm noch nicht. Ein neues Schlagwerk muss eingebaut werden, damit dem Nieskyer wieder viermal in der Stunde die Glocke schlägt.

SZ